Der Kirchenbiber liegt jetzt auf der Spitalkirche.
Wer in den letzten Wochen durch die Pragerstraße gegangen ist, dem sind sicher die Dacharbeiten an der Spitalkirche aufgefallen. Leuchtend rot strahlen jetzt die Ergoldsbacher Biberschwanzziegel vom Typ „Kirchenbiber“ vom Kirchdach herunter. Dem voraus ging eine sorgfältige Abwägung und Bemusterung mit dem Referenten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Tobias Lange, dem Vorarbeiter der ausführenden Firma Karch Josef Frauenknecht, dem Stadtbaumeister Thomas Beygang, dem Architekten Hermann Keim und seiner Mitarbeiterin Katrin Berger. Perfekt zum historischen Gebäude passend, haben sie ein extra dickes und langlebiges Stück des nachweislich ältesten aus Ton hergestellten Dachbaustoffes im gotischen Sechseckschnitt ausgesucht.
Bevor die Mitarbeiter der Dietfurter Zimmerei Karch unter Leitung von Josef Frauenknecht in luftiger Höhe das Dach decken konnten, musste unter einem Schutzdach erst einmal die ganze Dachkonstruktion überarbeitet werden. Das statische Gutachten hatte massive Schäden an dieser aufgedeckt. Mit dem sanierten Dachstuhl kann das Hersbrucker Kleinod aber wieder standfest in die Zukunft schauen, sehr zur Beruhigung von Stadt und Kirchengemeinde.
21.600 Ziegel verbaut
600 m² Ziegel, das sind umgerechnet ca. 21.600 Stück wurden im neuen Dach verbaut. 450 m² ist die Dachfläche vom Langhaus groß, 150 m² die Dachfläche über dem Chor. Dazu wurden ca. 200 laufende Meter an First-, Ortgang-, Kehlen- und Traufziegel verlegt. Gekostet hat die Ziegeleindeckung einschließlich der Anschlussarbeiten rund 75.000 Euro.
Der „Kirchenbiber“
Der Biberschwanz ist bekannter weise ein flacher, meist 15mm dicker, in Franken ortstypischer, an der Unterkante oft halbrund geformter Dachziegel, der an den Schwanz des namensgebenden Tieres erinnert. Man findet ihn häufig auf den Dächern mittelalterlicher Bauten. Es gibt Anzeichen dafür, dass diese Dachziegelform im 14. Jahrhundert in den Lehmgruben um Nürnberg herum entstand. Weite Teile der Nürnberger Altstadt sind mit dieser Ziegelart eingedeckt.
Im Gegensatz zu den herkömmlichen gewölbten Dachziegeln wird der Biberschwanz in zwei überlappenden, seitlich jeweils um einen halben Ziegel versetzten Lagen auf die Dachkonstruktion gelegt.
Wie man sich vorstellen kann, ist eine derartige Eindeckung auch entsprechend schwer im Vergleich zu den „Beton-Pfannen“, die oftmals auf Einfamilienhäusern zu finden sind. Ein Kirchenbiber-Ziegel bringt es mit seinen 18mm Dicke gleich noch einmal auf deutlich mehr Gewicht. Der einzelne Ziegel wiegt rund 2,3 kg, ein verlegter Quadratmeter bringt es locker auf 90 Kilo. Wenn man die erforderliche engere Dachlattung mit rechnet, ist das gut doppelt so viel wie eine normale Eindeckung wiegt.
Ein Kirchendach ist aufgrund seiner Höhe aber auch weit mehr Wind und Sturm ausgesetzt als ein kleineres Gebäude.
„Das ist das Nachhaltigste, was auf einem Kirchendach verlegt werden kann, weil es die nächsten 100 Jahre überdauert“, so die Aussage des Ziegelherstellers. Demnach hält der Ziegel bis zu 5cm große Hagelkörner aus und sorgt für Windzug- und Sturmsicherheit.
Ein starker Biber also, den die Spitalkirche da bekommen hat. Mit zur Finanzierung beigetragen haben die Spenden von Hersbrucker Bürgerinnen und Bürgern, von Unternehmern aus der Stadt und dem Umland. An der Spendenaktion „10.000 Ziegel für die Spitalkirche“ haben sich viele Menschen beteiligt, denen die Kirche am Herzen liegt oder die sich selbst, ihre Kinder und Enkelkinder dort verewigt sehen wollen. Dafür ist die Stadt Hersbruck sehr dankbar.
Die Aktion läuft weiter, jeder gespendete Euro fließt in die Sanierung der Spitalkirche ein. Informationen zur Aktion gibt es auf der Internetseite der Stadt Hersbruck, im BürgerBüro oder bei der Stadtkirchengemeinde.
Die Krönung wird dann sein, dass der zwischenzeitlich vollständig restaurierte Glockenstuhl mit der vergoldeten Spitze wieder aufgesetzt wird.