Bürgermeister Robert Ilg und sein Amtskollege Philippe Lacroix aus Oradour-sur-Glane schließen einen Freundschaftspakt zwischen den beiden Orten.
Unter dem Eindruck der Gedenkfeier zum 80. Gedenktag des Massakers in Oradour setzten sie damit ein Signal der Verständigung nach einer furchtbaren Vergangenheit, wie es noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbar schien.
Zur Erinnerung: Am 10. Juni 1944 hatte eine SS-Einheit der Division „Das Reich“ den französischen Ort mit nahezu der gesamten Bevölkerung ausgelöscht. 643 Männer, Frauen und Kinder wurden bestialisch ermordet, der Ort geplündert und niedergebrannt. Entsprechend groß war über Jahrzehnte hinweg die Abneigung gegenüber allen und allem Deutschen. Nun wurde der 80. Jahrestag des furchtbaren Massakers für beide Gemeinden zum symbolisch bedeutsamen Datum für einen Aufbruch.
„Wir erkennen an, dass wir die Vergangenheit nicht ändern können, aber wir können die Zukunft gestalten“, sagte Robert Ilg in seiner Ansprache. Die Freundschaft sei eine Brücke, „die es uns ermöglichen wird, uns gegenseitig zu bereichern und voneinander zu lernen“. Schule statt Rathaus als Ort für die Unterzeichnungszeremonie war mit Bedacht gewählt: Die Grundschule. Sind es doch die Kinder und Jugendlichen, die das Erreichte weitertragen müssen und zeigen, dass Geschichte nicht mehr trennt, und die Zukunft in Frieden und Freiheit gestalten.
Bürgermeister Philippe Lacroix erinnerte an Wegbereiter der Annäherung zwischen Oradour und Franken durch die Freundschaft zwischen dem im vergangenen Jahr verstorbenen letzten Überlebenden Robert Hébras und dem früheren Bezirkstagsvizepräsidenten Fritz Körber, an die Aufführung des Musicals „Mademoiselle Marie“ vor sieben Jahren in Oradour und an viele Gespräche mit Nachkommen der Opfer und mit den Märtyrerverbänden. Vor allem hatten der Präsident der Hinterbliebenenvereinigung von Oradour, Benoit Sadry, und Hébras Enkelin Agathe ihre Zustimmung gegeben und waren präsent. „Es brauchte einen langen Atem, aber die Zeit leistet auch ihren Beitrag“, richtete Lacroix den Blick nach vorn. Mit der Erklärung einer Freundschaft sei es freilich nicht getan; nun gelte es, konkrete Austauschvorhaben zu entwickeln.
Für Herbst ist bereits eine Bürgerreise geplant. Symbol der Versöhnung „Ich bin sehr dankbar, hier überhaupt sprechen zu dürfen“, betonte Ilg, der vom zweiten Bürgermeister Peter Uschalt begleitet wurde. „Unser Pakt ist keine große Politik, aber doch weit mehr als eine formelle Vereinbarung. Vielmehr ein Symbol der Hoffnung, der Versöhnung und der gemeinsamen Verantwortung“ auf der Grundlage gemeinsamer Werte. Mit Hinweis auf den Krieg in der Ukraine sehe er die neue Freundschaft auch als „Akt der Solidarität und des Respekts, der uns dazu aufruft, für ein geeintes und friedliches Europa einzustehen“. Dass der neuen Verbindung eine übergeordnete Bedeutung beigemessen wird, ließ sich allein schon an der Teilnahme einer französischen Ministerin und des deutschen Botschafters in Frankreich, Stephan Steinlein, ablesen.
Die beiden Staatspräsidenten Emmanuel Macron und Frank-Walter Steinmeier waren bei der Unterzeichnung schon wieder abgereist. Aber auch sie nahmen Notiz von der Öffnung Oradours für eine förmliche Verbindung mit Deutschland. Und Robert Ilg gehörte zum erlesenen Kreis derjenigen, die die beiden Staatsoberhäupter bei ihrem Gang durch das Ruinenstädtchen begleiten durften. Der heutige Ort entstand in der Nachkriegszeit nebenan. Unterdessen scheint in dem zerstörten Ort, schon 1946 zum Mahnmal erklärt, die Zeit stehen geblieben. „Da läuft es einem bis heute eiskalt den Rücken runter“, sagt auch Landrat Armin Kroder, der mit Körber die entscheidenden Anstöße für die Kontakte mit Hersbruck gegeben hatte und der ebenso wie die Vertreter von Hersbruck und des Bezirks an den Kranzniederlegungen beteiligt war. Erinnert wurde nicht zuletzt an Gräueltaten der jüngeren Geschichte wie in Srebrenica und Butscha. Der Name Oradour steht allerdings für das größte derartige Kriegsverbrechen in Frankreich und wurde zum Symbol für alles Leid der Zivilbevölkerung unter der deutschen Besatzung.