„Wir müssen uns freundschaftlich begegnen“
Der französische Deportierten-Verband „Association des déportés et familles des disparus du camp de concentration de Flossenbürg & Kommandos“ macht sich jedes Jahr auf eine „Pilgerreise“ nach Flossenbürg, um der über 5300 ins ehemalige KZ verschleppten Landsleute zu gedenken. Heuer, zum 80. Jahrestag der Befreiung der Lager, legten die rund 60 Teilnehmer auch wieder einen Zwischenstopp in Hersbruck ein.
„Es ist schön, dass wir den gemeinsamen Wunsch haben, so etwas nicht mehr erleben zu müssen und dazu beizutragen, dass es nicht mehr passiert“, sagte Bürgermeister Robert Ilg bei der kurzen Gedenkfeier am Kunstwerk „Ohne Namen“ von Vittore Bocchetta. Besonders angetan war der Rathauschef davon, in der Gruppe auch 17 Schüler mit ihrem Geschichtslehrer zu sehen. „Sie können gar nicht früh genug erfahren, was passiert, wenn wir uns nicht mehr an Regeln halten und keinerlei Empathie für andere haben“, sagte der Rathauschef.
Der Verantwortung stellen
Wie anderswo auch habe es gedauert, sich dem dunkelsten Kapitel der Stadtgeschichte zu stellen. Neben dem Verein Dokumentationsstätte KZ Hersbruck habe auch die Politik schon vor langem erkannt, wie wichtig es ist, diese Geschehnisse aufzuarbeiten und sich der Verantwortung zu stellen. Die Freundschaft mit Oradour-sur-Glane, Schauplatz des schlimmsten SS-Massakers in Westeuropa, sei ein „weiterer gewichtiger Schritt auf diesem Weg“, so Robert Ilg. Um derartige Gräuel in Zukunft zu verhindern, müssen „wir uns die Hände reichen und uns freundschaftlich begegnen“.
Wolfgang Süß vom Doku-Verein brachte der vom „Association“-Vorsitzenden Denis Meis angeführten Gruppe die menschenverachtenden Vorkommnisse im KZ-Außenlager Hersbruck näher. Danach trugen vier französische Schüler den Anwesenden – darunter auch Pierre Wolff, der stellvertretende Generaldelegierte des Kriegsopferverbandes Le Souvenir français für Bayern – kurze Texte von Roger Caillé, Vittore Bocchetta und weiteren Häftlingen vor, die den furchtbaren Alltag im Lager schildern.
KZ lange kein Thema
Klaus Wiedemann erinnerte an seine Schulzeit in der ehemaligen Lagerkommandantur, die 2006 dem Neubau des Finanzamts Platz machte: „In den Sechziger Jahren hat niemand das KZ erwähnt“, sagte der Vorsitzende des Doku-Vereins. „Uns war überhaupt nicht bewusst, dass mitten auf unserem Pausenhof der Galgen des Außenlagers stand.“ Später habe er das Glück gehabt, Zeitzeugen wie Bocchetta oder Caillé kennenlernen zu dürfen. Jetzt sei es Aufgabe seiner Generation, deren Schilderungen weiterzugeben.
Nachdem Peter Schön vom Doku-Verein sein „Häftlingsbuch“ an Denis Meis überreicht hatte, setzten die Besucher aus Frankreich den stimmungsvollen Schlussakkord der kleinen Gedenkstunde, als sie die „Marseillaise“ anstimmten, ihre Nationalhymne. Anschließend fuhren sie mit kurzen Stopps am Krematorium bei Hubmersberg und am Gedenkort Doggerstollen in Happurg weiter nach Flossenbürg.