Wie sehen Schüler unsere Verfassung?
Für Landrat Armin Kroder ist es schlicht „das beste Gesetz der Welt“, für Bürgermeister Robert Ilg die gelungene Sammlung von 146 Regeln, die „ausdrücken, wie wir miteinander umgehen wollen“: das Grundgesetz. Heute vor 75 Jahren trat unsere Verfassung in Kraft. Die Stadt Hersbruck feiert diesen besonderen Geburtstag gemeinsam mit den fünf Schulen in der Stadt in einem außergewöhnlichen Projekt.
Obwohl der Parlamentarische Rat 1949 bewusst auf die Bezeichnung „Verfassung“ verzichtete, um den provisorischen Charakter des Gesetzeswerks zu unterstreichen, ist das Grundgesetz seit der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 genau das: die deutsche Verfassung – um die uns viele beneiden. Vor allem, weil die Mütter und Väter des Grundgesetzes an dessen Anfang 19 Artikel gesetzt haben, die jedem Individuum unveräußerliche, grundlegende Freiheits- und Gleichheitsrechte garantieren. Das geschah nicht von ungefähr, standen die Mitglieder des zwischen September 1948 und Mai 1949 tagenden Parlamentarischen Rates doch unter dem Eindruck des nationalsozialistischen Unrechtsstaats, in dem diese Menschenrechte mit Füßen getreten wurden.
Für viele sind die Artikel 1 bis 19 denn auch die wichtigsten des Grundgesetzes. Dank Verfassungsrang dauerhaft und einklagbar, ziehen sie „eine Grenze für die Mächtigen“, sagte Armin Kroder bei der Auftaktveranstaltung des Projekts mit Schülern und Schülerinnen sowie den Leitungen aller Hersbrucker Schulen. Oder anders ausgedrückt: „Bürgermeister, Landräte oder Schulleiter haben vielleicht Macht, aber sie können nicht machen, was sie wollen“, so Kroder.
Robert Ilg freute sich, dass alle fünf Hersbrucker Schulen seiner Anregung gefolgt sind, zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes „etwas mit jungen Menschen zu machen“. Der Impuls dazu kam von Klaus Petersen sowie von Christl Schäfer-Geiger von der Stadtverwaltung und sei in Zeiten, da Menschen körperlich attackiert werden, während sie Plakate für den Europa-Wahlkampf aufhängen, dringend angesagt.
Worum aber soll es bei dem Projekt gehen? „Wir kennen zwar das Grundgesetz, uns ist aber oft nicht bewusst, was das genau für uns bedeutet“, sagte Christl Schäfer-Geiger. „Die Idee des Projekts ist deshalb: Ihr Kinder erklärt uns das!“ Wie das aussehen könnte, machte Klaus Petersen am Artikel 1 deutlich: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es dort. Dieses zentrale Grundrecht werde zum Beispiel verletzt, wenn Schüler Opfer von Mobbing werden, sagte er. Denn heute sei nicht mehr jedem bewusst, was unter Würde zu verstehen ist, und ebenso wenig, was persönliche Freiheit bedeutet und wo sie endet.
„Überlegt euch also bitte, was das Grundgesetz in eurem Alltag bedeutet und wo es eine Rolle spielt“, sagte Petersen. Bis November haben die Jungen und Mädchen der fünf Schulen in Hersbruck nun ausgiebig Zeit, sich mit der Grundlage unseres Zusammenlebens zu beschäftigen – in Form von Theaterstücken, Liedern, Texten oder Videos. Am Ende sollen sie ihre Ergebnisse dann bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Öffentlichkeit präsentieren, wünscht sich Robert Ilg – und so den besonderen Ehrentag des Grundgesetzes gebührend feiern.