Die Stadt Hersbruck steht weiter an der Seite von Nowa Uschyzja: Jetzt übergab sie einer kleinen Delegation aus der Westukraine einen Lkw aus zweiter Hand, ein gebrauchtes Drehleiterfahrzeug sowie weiteres, von der Feuerwehr Hersbruck ausgemustertes Rettungsequipment. „Wir wollen dazu beitragen, das Leben bei euch etwas leichter zu machen in schrecklichen Zeiten“, gab Erster Bürgermeister Robert Ilg seinem Amtskollegen Antoli mit auf den langen Heimweg.
Der dauerte mit den schweren Fahrzeugen schließlich gut drei Tage – auch weil es an der Grenze zur Ukraine nicht ganz so reibungslos weiterging wie erhofft. Das lag freilich nicht an den Fahrzeugpapieren, TÜV-Bescheinigungen oder Überführungsdokumenten der beiden Brummis. Die hatten Karlheinz Wölfel, Geschäftsleiter der Stadt Hersbruck, und der stellvertretende Kämmerer Wolfgang Klebl im Vorfeld penibel zusammengetragen und vorbereitet.
Knapp 24 Stunden verbrachten Bürgermeister Antoli und seine beiden Begleiter aus dem Rathaus von Nowa Uschyzja dieses Mal in Hersbruck – und nutzten die kurze Zeit zu einem intensiven Gedankenaustausch mit Robert Ilg. Bedrückend dabei vor allem die Schilderungen der Gäste zur aktuellen Lage in dem Land über 600 Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs.
1200 Einwohner aus der Region um Nowa Uschyzja sind im Kampfeinsatz an der Front, 48 sind inzwischen gefallen, 12 werden vermisst. Mit am Tisch saß auch der Bruder eines der getöteten Soldaten – als er ein Video von dessen Beerdigung zeigte, seien allen am Tisch die Tränen gekommen, erzählt Robert Ilg. Noch unerträglicher, sagt er, sei es „zu wissen, wo ein Angehöriger gefallen ist, ihn wegen der Kämpfe aber nicht bergen und heimbringen zu können“.
Diese kaum auszuhaltende Situation müssen im Moment sechs Bürger der ukrainischen Kleinstadt ertragen.
Spätabends stießen nach einer anstrengenden Busfahrt auch die beiden Fahrer zur Gruppe, die die Lkws sicher in die Ukraine bringen sollten. Bevor sie am folgenden Nachmittag die Motoren starten konnten, stand noch eine kurze Rundfahrt zum Bauhof, zur Therme und zum ehemaligen KZ-Außenlager auf dem Besuchsprogramm. Dort unterstrich Robert Ilg, wie wichtig die Auseinandersetzung mit den dunklen Kapiteln der Stadtgeschichte und die Lehren daraus für
unser heutiges Zusammenleben sind. „Bei uns hat das nach dem Ende der Sowjetunion aufgehört“, bestätigte Antoli, danach sei darüber fast 30 Jahre kein Wort mehr verloren worden: „Vielleicht haben wir jetzt ja auch deshalb diesen Krieg.“
Während Bauhofleiter Roland Rüll dem einen der beiden Fahrer die Funktionswese des von Stadtrat Wolfgang Wein vermittelten Lasters erklärte, brachten Kommandant Armin Steinbauer und Hauptfeuerwehrmann Roland Haas dem anderen das „technische Einmaleins“ der Drehleiter näher – wegen der durchaus vorhandenen Sprachbarriere alles andere als einfach. In den Staukästen verschwanden anschließend noch allerhand nützliche Hilfsmittel – unter anderem
eine Wärmebildkamera, die demnächst an der Front als eine Art Lebensversicherung für die Soldaten aus Nowa Uschyzja genutzt werden könnte.
Robert Ilg bedankte sich bei der Feuerwehr für ihren Einsatz („Ihr seid immer da, wenn wir euch brauchen“), dem Stadtrat für den Rückhalt in Sachen Ukrainehilfe, den Dolmetscherinnen Alina, Ina und Jelena sowie den Mitarbeitern seiner Verwaltung, die im Vorfeld alles perfekt in die Wege geleitet hatten.
„Wir geben euch die feste Zusage, dass wir weiter hinter euch stehen“, versprach Robert Ilg seinem ukrainischen Amtskollegen zum Abschied. „Lasst uns wissen, was euch fehlt, und wir versuchen euch zu helfen, wo immer es geht.“ Antoli und seine Landsleute bedankten sich ihrerseits herzlich und versprachen – wenn in der Ukraine irgendwann wieder Frieden einkehrt – ihren Hersbrucker Freunden ein großes Fest in Nowa Uschyzja.